„Ein typisch deutscher Teenager“

„Ein typisch deutscher Teenager“

Gewöhn­lich lädt der „Freun­des­kreis Schlös­ser und Gär­ten der Mark“ Mon­tag­abend zu kunst- und kul­tur­his­to­ri­schen Vor­trä­gen ein. Für den 29. Novem­ber hat­ten sich die Mit­glie­der jedoch für ein Tref­fen ganz ande­rer Art ver­ab­re­det. Neu­gie­rig gewor­den auf unse­re Gesprächs­run­den mit Geflüch­te­ten waren sie bereits im Spät­som­mer, als ihnen unse­re Refe­ren­tin Hei­ke Roth bei einem Som­mer­fest über das Pro­jekt berich­te­te. Die ers­ten Fra­gen kamen schon, da hat­te unse­re Ver­an­stal­tung noch nicht ein­mal offi­zi­ell begon­nen. „Aus wel­chem Land kom­men Sie?“, frag­te eine Senio­rin unse­ren jun­gen Gast. Zaid, der heu­te an der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät Infor­ma­tik stu­diert, ist 2016 aus Syri­en nach Ber­lin gekom­men – über vie­le Umwe­ge, wie er berich­te­te. Zunächst sei er mit sei­ner Fami­lie in Tsche­chi­en gewe­sen, weil sein Vater dort Arbeit gefun­den hat­te. Als sich neue beruf­li­che Per­spek­ti­ven in Ägyp­ten eröff­ne­ten, habe sich sei­ne Fami­lie für den Umzug ent­schie­den. Dort erleb­ten sie die Revo­lu­ti­on, die Teil des soge­nann­ten „Ara­bi­schen Früh­lings“ war. Weil er einen Freund besu­chen woll­te, war er wäh­rend die­ser Tage auch zufäl­lig auf dem Tah­r­ir-Platz in Kai­ro, der im Zen­trum der inter­na­tio­na­len Bericht­erstat­tung über die Demons­tra­tio­nen stand. Die Ereig­nis­se führ­ten dazu, dass sei­ne Fami­lie wie­der zurück nach Syri­en zog. In den fol­gen­den Jah­ren reif­te jedoch die Ent­schei­dung, das Land zu ver­las­sen. Die Lebens­um­stän­de wur­den immer prekärer.

War­um sei­ne Fami­lie nach Deutsch­land geflo­hen sei und nicht in ein ande­res Land, woll­te eine ande­re älte­re Teil­neh­me­rin wis­sen. Die Bun­des­re­pu­blik habe einen guten Ruf, so Zaid. Zudem leb­ten damals auch Freun­de in Ber­lin. Dies half der Fami­lie sehr bei der Ent­schei­dung. Mit dem Flug­zeug reis­te sie schließ­lich nach Ber­lin. Sein Infor­ma­tik-Stu­di­um, das er bereits in Damas­kus begon­nen hat­te, nahm Zaid an der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu Ber­lin wie­der auf. Er ent­schied sich jedoch dafür, noch ein­mal ganz von vorn anzu­fan­gen, weil es hier mehr prak­ti­sche Anwen­dungs­mög­lich­kei­ten der gelehr­ten Theo­rie gibt. An der Uni­ver­si­tät wird er auch unter­stützt – von der Initia­ti­ve „Zukunft gestal­ten“, mit Sitz am Geo­gra­phi­schen Insti­tut der Mathe­ma­tisch-Natur­wis­sen­schaft­li­chen Fakul­tät. Die Initia­ti­ve leis­tet prak­ti­sche Hil­fe für Geflüch­te­te aller Hin­ter­grün­de für deren erfolg­rei­che Inte­gra­ti­on in das sozia­le und kul­tu­rel­le Leben Ber­lins. Er wür­de sich immer wie­der für Ber­lin ent­schei­den, beton­te Zaid. Sei­ner Mei­nung nach wür­de kei­ne ande­re deut­sche Stadt so vie­le Mög­lich­kei­ten bie­ten wie die Haupt­stadt. Mit lächeln­den Augen erzähl­te er dem klei­nen Kreis der Senio­rin­nen und Senio­ren auch von sei­ner Schwes­ter. Sie sei ein typisch deut­scher Teen­ager, so Zaid.

Beson­ders inter­es­siert waren die Mit­glie­der des Freun­des­krei­ses auch an der poli­ti­schen und huma­ni­tä­ren Lage in Syri­en. Eini­ge hat­ten das Land vor Aus­bruch des Krie­ges bereist, kann­ten es nicht nur aus der Medi­en­be­richt­erstat­tung. Zaid bemüh­te sich, die vie­len Fra­gen so gut wie mög­lich zu beant­wor­ten. Das Erleb­te – die Flucht‑, Trau­ma- und Ver­lust­er­fah­run­gen – beglei­tet ihn und sei­ne Fami­lie bis heu­te. Des­halb wünscht er sich auch mehr the­ra­peu­ti­sche Ange­bo­te für Geflüch­te­te. Hier sieht er Ver­bes­se­rungs­be­darf bei den Inte­gra­ti­ons­maß­nah­men in Deutsch­land. Damit traf er bei den Senio­rin­nen und Senio­ren auf volls­tes Verständnis.