„Das sind keine Ausländer, die kommen einfach nur woanders her.“

„Das sind keine Ausländer, die kommen einfach nur woanders her.“

Das Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­haus in Olden­burg ist ein Treff­punkt und Aus­tauschort für vie­le Men­schen aus der Gegend. Unab­hän­gig des Alters oder des kul­tu­rel­len Hin­ter­grun­des hat sich das Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­haus zu einer wich­ti­gen Insti­tu­ti­on für die Men­schen aus der Nach­bar­schaft ent­wi­ckelt. Das Mit­ein­an­der steht hier im Mit­tel­punkt. Das heißt auch, mit­ein­an­der und von­ein­an­der zu ler­nen. Dabei ist das Ange­bot viel­sei­tig und beliebt: Ob in Lehr­gän­gen zur rich­ti­gen Inter­net- und Han­dy­nut­zung, Deutsch­kur­sen oder Gesprächs- und Spiel­run­den, jede und jeder ist herz­lich ein­ge­la­den. Im Sin­ne die­ser viel­fäl­ti­gen Mög­lich­kei­ten hat das Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­haus Olden­burg zusam­men mit unse­rem Ver­ein am Vor­mit­tag des 27. April zu einem inter­kul­tu­rel­len Aus­tausch ein­ge­la­den. In der Gesprächs­run­de erzähl­te Hadi­ya Haa­med von ihren Erfah­run­gen und Ein­drü­cken über ihr Leben und ihre Ankunft in Olden­burg sowie über die Hür­den, die es für sie bei der Inte­gra­ti­on in die deut­sche Gesell­schaft zu über­win­den galt. Schwer­punkt des Gesprä­ches waren vor allem die kul­tu­rel­len Unter­schie­de zwi­schen dem Leben und All­tag in Deutsch­land und im Irak. Die jun­ge Frau kam im Alter von 16 Jah­ren mit ihrem damals gera­de erst gebo­re­nen Kind in die Bun­des­re­pu­blik. Heu­te lebt die 24-jäh­ri­ge zusam­men mit ihrem Mann und zwei Kin­dern in Olden­burg und spricht ein­wand­frei­es Deutsch. Ihre Fami­lie ist im Lau­fe der Zeit eben­falls aus dem Irak nach Olden­burg gekommen.

Inte­griert in die mor­gend­li­che Kaf­fee­run­de ent­stand so ein ange­neh­mes und unge­zwun­ge­nes Gespräch zwi­schen Hadi­ya und dem Kreis an neu­gie­ri­gen Senio­rin­nen und Senio­ren. Der ver­trau­te Umgang der Grup­pe, die sich fast täg­lich im und um das Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­haus ver­sam­melt, trug zu einer offe­nen und herz­li­chen Atmo­sphä­re bei. Hadi­ya und ande­re Geflüch­te­te sind bereits seit eini­gen Jah­ren fes­ter Bestand­teil der Kaf­fee- und Gesprächs­run­den, sowie ande­rer Ver­an­stal­tun­gen des Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­hau­ses. Die Betei­lig­ten erzähl­ten unter ande­rem von den engen Bin­dun­gen, die im Lau­fe der Jah­re ent­stan­den sind. So war es nicht unüb­lich, dass die  Älte­ren die Kin­der­be­treu­ung über­nom­men haben, wäh­rend Hadi­ya und ihr Mann am Pro­gramm des Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­hau­ses teil­nah­men. „Ich war wie der Opa für sie“, berich­te­te Uwe, einer der Senio­ren. Die Inte­gra­ti­on von Hadi­ya im Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­haus hat von bei­den Sei­ten aus gut funk­tio­niert. „Hadi­ya hat sich an uns und unse­re Eigen­hei­ten gewöhnt“, hieß es scherz­haft von Sei­ten der Senio­rin­nen und Senio­ren. Jedoch muss­ten auch hier ers­te Hür­den gemeis­tert wer­den. Die jun­ge Ira­ke­rin beschreibt ihre ers­ten Kon­tak­te mit Deut­schen als eher zurück­hal­tend und distan­ziert von Sei­ten der Gast­ge­be­rin­nen und Gast­ge­bern. Lot­ti, die mit ihrem Mann Heinz seit eini­gen Jah­ren gleich neben­an wohnt, bestä­tigt die­se Ein­schät­zung. Dabei wür­den die Sprach­bar­rie­re, anfäng­li­che Berüh­rungs­ängs­te und die Sor­ge, nicht ver­stan­den zu wer­den, eine gro­ße Rol­le spie­len. Um die­se Hin­der­nis­se zu umge­hen, hat Lot­ti jedoch einen guten Tipp parat: „Lächeln hilft.“ Heu­te lachen sie viel zusam­men, denn Hadi­ya und ande­re Frau­en mit Flucht­er­fah­run­gen sind akti­ve und geschätz­te Mit­glie­der der Run­de. Im Irak war es ihnen nicht erlaubt ohne männ­li­che Beglei­tung das Haus zu ver­las­sen, berich­tet die jun­ge Frau. Ein star­ker Gegen­satz zum gesell­schaft­li­chen Leben in Deutsch­land. Gewöhnt an die­se neue Frei­heit hat sie sich jedoch schnell: „Man­che Wege muss man allei­ne gehen – ohne Mann. Das ist ganz neu für mich.“

So ent­stand ein ange­reg­ter Aus­tausch über kul­tu­rel­le Unter­schie­de. Vor allem in Sachen Fami­li­en­zu­sam­men­halt könn­ten die Deut­schen sich eini­ges abschau­en, so die ein­stim­mi­ge Mei­nung der Älte­ren. Isol­de, die seit 2 Jah­ren im Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­haus wohnt, war posi­tiv über­rascht von der Offen­heit und Herz­lich­keit der Geflüch­te­ten gegen­über der neu­en Umge­bung. Zudem zeig­ten die Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner viel Bewun­de­rung für die Ruhe und Gelas­sen­heit in der ira­ki­schen Kul­tur. Dort ver­stün­de man es, das Leben mehr zu genie­ßen, das sei im durch­struk­tu­rier­ten hek­ti­schen Deutsch­land fast gar nicht mehr mög­lich, merk­te die Grup­pe an.

Hadi­ya ver­misst den Irak den­noch nicht. Für sie ist Olden­burg ihr neu­es Zuhau­se. Obwohl sie schon her­vor­ra­gend Deutsch spricht, möch­te sie einen Sprach­kurs an der Volks­hoch­schu­le besu­chen, um danach eine Aus­bil­dung zur Kran­ken­schwes­ter machen zu kön­nen. Sie hofft dar­auf, dass sie und ihre Fami­lie auch in Zukunft, am liebs­ten für immer, in Olden­burg blei­ben können.