
28. September 2021Auf Spurensuche durch das jüdische Leben in Hamburg
In einer zweitägigen Veranstaltung tauchten die jungen Teilnehmenden gemeinsam mit unserer Referentin Lisa Beisel in die deutsche Geschichte von 1918 bis 1945 ein. „Der Junge im gestreiften Pyjama“, ein Roman des irischen Schriftstellers John Boyne aus dem Jahr 2006, war die aktuelle Lektüre der Jugendlichen in ihrem Unterricht. Das Buch, welches allseits bekannt ist, handelt von einem neunjährigen Jungen, dessen Vater im Zweiten Weltkrieg als Kommandant eines Konzentrationslagers tätig ist. Um die Tragödie des Ortes zu begreifen, war der Sohn des Kommandanten noch zu jung, so freundete er sich voller Unschuld mit einem jüdischen Jungen im „gestreiften Pyjama“ an. Gebannt von der Erzählung und gezeichnet von Unverständnis für den Hass gegenüber Menschen jüdischen Glaubens, waren die Jugendlichen gespannt darauf, mehr über die Zeit des Nationalsozialismus zu erfahren. Es erreichten unsere Referentin Lisa Beisel unzählige Fragen zu Begriffen, Hintergründen und Zusammenhängen der systematischen Verfolgung und Vernichtung jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger. Das überwältigende Interesse zeigte sich insbesondere darin, wie fleißig das neugewonnene Wissen aufgesaugt und die zahlreichen Informationen mitgeschrieben wurden. Die Exkursion – eine Spurensuche durch das jüdische Leben in Hamburg – am Folgetag konnten die Teilnehmenden kaum abwarten. Bei strahlendem Sonnenschein trafen wir uns mit unserer Stadtführerin Sandra Latussek vor der Talmud-Thora-Schule im Grindelviertel, dem ehemaligen Zentrum jüdischen Lebens in Hamburg. Seit über 400 Jahren sind Jüdinnen und Juden ein Teil der Hamburger Gesellschaft. Sie haben die Entwicklung der Hansestadt geprägt, verändert und neu definiert. Der wachsende Antisemitismus, den das nationalsozialistische Regime ab 1933 politisch umsetzte, zerstörte die jüdische Gemeinde in Hamburg. Wer die Situation rechtzeitig erkannte flüchtete ins Ausland. Viele von ihnen wurden jedoch deportiert und verloren ihr Leben. Zählte man im Jahr 1925 noch ca. 20.000 Jüdinnen und Juden im Raum Hamburg, so waren es nach dem Krieg nur noch wenige Tausend. „Wirklich Tod sind nur jene, an die sich niemand mehr erinnert“, besagt ein jüdisches Sprichwort und beschreibt zugleich die Motivation von Frau Latussek die Erinnerung, an das jüdische Leben in Hamburg, aufrecht zu erhalten. Die Jugendlichen, welche größtenteils muslimischen Glaubens waren, hatten wenig Wissen über die religiösen Traditionen und Bräuche der jüdischen Gemeinschaft. Sie waren überrascht und zugleich verzückt darüber, wie viele Gemeinsamkeiten die beiden Religionen doch aufweisen und waren sich allesamt einig darüber, dass die Erinnerung nicht verblassen darf.