Auf Spurensuche durch das jüdische Leben in Hamburg

Auf Spurensuche durch das jüdische Leben in Hamburg

In einer zwei­tä­gi­gen Ver­an­stal­tung tauch­ten die jun­gen Teil­neh­men­den gemein­sam mit unse­rer Refe­ren­tin Lisa Bei­sel in die deut­sche Geschich­te von 1918 bis 1945 ein. „Der Jun­ge im gestreif­ten Pyja­ma“, ein Roman des iri­schen Schrift­stel­lers John Boy­ne aus dem Jahr 2006, war die aktu­el­le Lek­tü­re der Jugend­li­chen in ihrem Unter­richt. Das Buch, wel­ches all­seits bekannt ist, han­delt von einem neun­jäh­ri­gen Jun­gen, des­sen Vater im Zwei­ten Welt­krieg als Kom­man­dant eines Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers tätig ist. Um die Tra­gö­die des Ortes zu begrei­fen, war der Sohn des Kom­man­dan­ten noch zu jung, so freun­de­te er sich vol­ler Unschuld mit einem jüdi­schen Jun­gen im „gestreif­ten Pyja­ma“ an. Gebannt von der Erzäh­lung und gezeich­net von Unver­ständ­nis für den Hass gegen­über Men­schen jüdi­schen Glau­bens, waren die Jugend­li­chen gespannt dar­auf, mehr über die Zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus zu erfah­ren. Es erreich­ten unse­re Refe­ren­tin Lisa Bei­sel unzäh­li­ge Fra­gen zu Begrif­fen, Hin­ter­grün­den und Zusam­men­hän­gen der sys­te­ma­ti­schen Ver­fol­gung und Ver­nich­tung jüdi­scher Mit­bür­ge­rin­nen und Mit­bür­ger. Das über­wäl­ti­gen­de Inter­es­se zeig­te sich ins­be­son­de­re dar­in, wie flei­ßig das neu­ge­won­ne­ne Wis­sen auf­ge­saugt und die zahl­rei­chen Infor­ma­tio­nen mit­ge­schrie­ben wur­den. Die Exkur­si­on – eine Spu­ren­su­che durch das jüdi­sche Leben in Ham­burg – am Fol­ge­tag konn­ten die Teil­neh­men­den kaum abwar­ten. Bei strah­len­dem Son­nen­schein tra­fen wir uns mit unse­rer Stadt­füh­re­rin San­dra Latus­sek vor der Tal­mud-Tho­ra-Schu­le im Grin­del­vier­tel, dem ehe­ma­li­gen Zen­trum jüdi­schen Lebens in Ham­burg. Seit über 400 Jah­ren sind Jüdin­nen und Juden ein Teil der Ham­bur­ger Gesell­schaft. Sie haben die Ent­wick­lung der Han­se­stadt geprägt, ver­än­dert und neu defi­niert. Der wach­sen­de Anti­se­mi­tis­mus, den das natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Regime ab 1933 poli­tisch umsetz­te, zer­stör­te die jüdi­sche Gemein­de in Ham­burg. Wer die Situa­ti­on recht­zei­tig erkann­te flüch­te­te ins Aus­land. Vie­le von ihnen wur­den jedoch depor­tiert und ver­lo­ren ihr Leben. Zähl­te man im Jahr 1925 noch ca. 20.000 Jüdin­nen und Juden im Raum Ham­burg, so waren es nach dem Krieg nur noch weni­ge Tau­send. „Wirk­lich Tod sind nur jene, an die sich nie­mand mehr erin­nert“, besagt ein jüdi­sches Sprich­wort und beschreibt zugleich die Moti­va­ti­on von Frau Latus­sek die Erin­ne­rung, an das jüdi­sche Leben in Ham­burg, auf­recht zu erhal­ten. Die Jugend­li­chen, wel­che größ­ten­teils mus­li­mi­schen Glau­bens waren, hat­ten wenig Wis­sen über die reli­giö­sen Tra­di­tio­nen und Bräu­che der jüdi­schen Gemein­schaft. Sie waren über­rascht und zugleich ver­zückt dar­über, wie vie­le Gemein­sam­kei­ten die bei­den Reli­gio­nen doch auf­wei­sen und waren sich alle­samt einig dar­über, dass die Erin­ne­rung nicht ver­blas­sen darf.